Langzeitkonten im öD für Tarifbeschäftigte und Beamte

Arbeit 4.0

Die Arbeitswelt ist in Bewegung. Digitalisierung und Flexibilisierung sind hierfür die Treiber.

Rasante Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie durch Markt und Wettbewerb beeinflusste Veränderungen im Hinblick auf Strukturen und Prozesse in Arbeitsorganisationen bieten die Möglichkeiten, Arbeit in zeitlicher, örtlicher und inhaltlicher Hinsicht zu entgrenzen – „work anytime – anywhere“. Unter den Schlagwörtern „Mobiles Arbeiten“, „Homeoffice“, „Work-Life-Balance“ und „Abkehr von der Präsenz- zur Ergebniskultur“ werden die großen Herausforderungen für Arbeitgeberinnen und Beschäftigte erforscht und verschiedene Modelle in der Praxis eingesetzt. Die Politik diskutiert dies und noch vieles mehr unter dem Begriff „Arbeit 4.0“.

Langzeitkonten – ein Modell für die Zukunft

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Auch der öffentliche Dienst als Arbeitgeber kann sich diesen Entwicklungen nicht verschließen. Die Veränderungen in der Arbeitswelt treffen auf Beschäftigte, deren Bedarfe und Bedürfnisse sich ebenfalls geändert haben. Sie wünschen sich flexiblere Arbeitszeitmodelle und mehr Zeitsouveränität, um Zeitguthaben ansparen und individuell nutzen zu können und sich um Familie, Weiterbildung oder persönliche Projekte kümmern zu können, ohne ihren Arbeitsplatz aufgeben oder dabei finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen. Um im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft seine Arbeitgeberattraktivität zu steigern, Fachkräfte zu gewinnen und langfristig binden zu können, muss auch der öffentliche Arbeitgeber im Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Beteiligten und den gesetzlichen und tariflichen Rahmenbedingungen Flexibilisierungsmöglichkeiten nutzen. Ganz davon abgesehen, dass flexible Modelle auch weitere Vorteile für die Arbeitgeber bringen, denn sie ermöglichen es, Arbeit effizienter zu organisieren, wenn das Arbeitsvolumen schwankt.

Längst haben sich Arbeitszeitkonten als eine Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeit etabliert. Dabei handelt es sich meist um Gleitzeitkonten mit eher eingeschränkten Dispositionsmöglichkeiten. Durch Abweichungen vom (täglichen) Arbeitszeitsoll kann neben einem erlaubten Soll auch ein begrenztes Zeitguthaben angesammelt werden, welches stundenweise oder an einzelnen Tagen eingesetzt werden kann. Dabei entstehen aber nur begrenzte Gestaltungsspielräume, die hinter den Anforderungen der modernen Arbeitswelt zurückbleiben.

Um derartige Möglichkeiten und Handlungsspielräume zu erweitern, kommen Langzeitkonten ins Spiel. Langzeitkonten erlauben den Beschäftigten, Arbeitszeit oder auch Teile ihres Gehalts auf einem persönlichen Konto anzusammeln. Anders als bei Gleitzeit- oder Jahresarbeitszeitkonten, bei denen der Zeitausgleich des angesammelten Guthabens in überschaubaren Zeiträumen liegt, können Langzeitkonten hohe Zeitsalden aufweisen und lange Ausgleichszeiträume haben. Der Ausgleich kann auch nach mehreren Jahren oder am Ende des Arbeitslebens erfolgen (Lebensarbeitszeitkonto). Mit einem über mehrere Jahre gesparten, nicht ausbezahlten Guthaben können Beschäftigte dann auch längere Auszeiten planen, z. B. für ein Sabbatical. Oder das Guthaben wird genutzt, um es in der Phase am Ende des Arbeitslebens einzusetzen und so entweder früher aus dem Erwerbsleben auszuscheiden oder zumindest die Arbeitsbelastung ein wenig zu reduzieren.

Umsetzung in der Praxis

Wie aber kann dieses Instrument in der Praxis eingesetzt werden?

Es gibt unterschiedliche Rahmenbedingungen, die für die Ausgestaltung dieses Modells beachtet werden müssen, u.a. abhängig davon, für welche Beschäftigtengruppe man die Langzeitkonten einführen will. Während für Beamtinnen und Beamte die Arbeitszeitverordnung spezielle Regelungen enthält, finden für Tarifbeschäftigte z.B. § 10 Abs. 6 TVöD bzw. TV-L  Anwendung. Aber wie ist das Langzeitkonto gegenüber dem Gleitzeit- oder Jahresarbeitszeitkonto abzugrenzen? Und haben die Beschäftigten einen Anspruch auf eine entsprechende Vereinbarung? Einzelheiten werden in individuellen Vereinbarungen geregelt. Aber woran muss hier gedacht werden? Welche Zeiten können gebucht, wie viel Guthaben darf angespart werden und wer entscheidet darüber, wann und wie abgebucht werden kann?  Wie weit geht die kollektive Mitbestimmung und was kann oder sollte in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen vereinbart werden? Ist der Arbeitgeber insolvenzfähig, so gelten für das angesparte Wertguthaben unbedingt die Regelungen zur Insolvenzsicherung. Die Mindestanforderungen regelt § 7e SGB IV – was aber bedeutet dies in der Umsetzung? Auch erfordert die Einführung von Langzeitkonten eine sorgfältige Planung und Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – aber wie gelingt dies?

Unser Seminarangebot

Wenn Sie mehr über die Nutzung von Langzeitkonten im Öffentlichen Dienst erfahren und sich umfassend über die Gestaltungsmöglichkeiten und rechtlichen Vorgaben informieren möchten, dann gibt Ihnen unser praxisnahes und kompaktes Live Online-Training einen guten Überblick:

Langzeitkonten im öffentlichen Dienst für Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamte am 16. April 2024 von 9:00 bis 16:00 Uhr.

(Artikel erstellt am 20.09.2023)

Die Verfasserin

Foss WEB rund

RAin Kristin Foss 
Rechtsanwältin und PIW-Trainerin

Beratungs- und Trainingsschwerpunkte

  • Individualarbeitsrecht, z.B. Arbeitszeitrecht, Urlaubsrecht, Rechte und Pflichten bei Krankheit, Umgang mit Befristungen, Mutterschutz und Elternzeit sowie Kündigungsrecht
  • Kollektivarbeitsrecht, z.B. Tarifvertragsrecht, Betriebsverfassungs- oder Personalvertretungsrecht
  • Sozialversicherungsrecht

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